Samstag, 30. November 2013

Reise in den Norden



Weitere ereignisreiche Wochen sind zu Ende und unser erster Monat in Norwegen ist fast um. Es kommt uns vor, als versuchen dieses Land und seine Einwohner wirklich alles damit wir uns in es verlieben. Und die Bemühungen haben Erfolg.

Wir haben am Freitag (22. Nov.) die MS Lofoten, ein Schiff der Hurtigruten, bestiegen und unseren Spontanurlaub begonnen. Gleich für den ersten Abend haben wir das Weihnachtsbuffet gebucht, um typisch norwegisches Weihnachtsessen kennen zu lernen. Es gab unter anderem Krustenbraten und Labskaus, Rotkraut, Steckrüben und Erbsenpüree. Mahlzeiten, die auch im Norden von Deutschland üblich sind und von denen meine Mutter mich vor über 20 Jahren versuchte erfolglos zu überzeugen. Ich glaube wir haben unzählige Gefechte über das essen/nicht essen von diesen Gerichten ausgetragen und jetzt zahle ich auch noch dafür diese Delikatessen der norwegischen Küche zu genießen J Ich freue mich jetzt schon auf die Reaktion zu Hause.
 Wir wollten unbedingt das Schiff nehmen, um innerhalb eines Jahres beide Polarkreise per Schiff betreten zu haben. Unsere vergessenen Versprechen vom letzten Jahr haben uns dabei eingeholt und wir wurden noch mal an Lektion 1, die Norweger, erinnert. Wir wollten und vor unserer nächsten Seereise unbedingt noch mal den Wetterbericht anschauen und bei Sturm nicht wieder zu See fahren. Jetzt wissen wir, dass „maybe a littel bit of waves“ von einem Norweger auch mal Windstärke 11 aus Nordwest bedeuten kann. So haben wir wieder viel von der Anreise zum Polarkreis in unserer wundervollen(!) Kabine mit Schlafen verbracht.
Entlang der Hurtigruten konnten wir zwar verschiedene Städte wie Trondheim und Alesund besuchen, allerdings unsere Nummer eins auf der Route ist sofort unsere Endstation Tromsö. Wir haben unsere paar Tage hier damit angefangen, auf die Jagd nach Polarlichtern zu gehen. Dazu sind wir in ein Camp gefahren, wo wir außerhalb der Saison die einzigen beiden Gäste waren. Das heißt, wir lagen abends alleine im Schlittenhundecamp neben einem Lagerfeuer auf einem Rentierfell und haben in den Sternenhimmel geschaut. Und während wir in den Himmel schauen und die Sterne beobachten und über alles Mögliche nachdenken, erscheinen tatsächlich einige schwache Polarlichter am Himmel. Nicht so intensiv, wie man sie vielleicht von verschiedenen Fotos kennt, aber doch so viel, dass wir uns sicher sind, dass dies nicht der letzte Ausflug in den hohen Norden war.
Unsere Nacht haben wir in einem gemütlichen Sami-zelt im Schlittenhundecamp verbracht. Was sich schwer in Worte fassen lässt ist die unglaubliche Geräuschkulisse, die so ein Schlittenhundecamp begleitet. Mitten in der Nacht fängt ein Hund an zu bellen oder jault und plötzlich steigen alle dreihundert Kollegen ein und jaulen in allen nur erdenklichen Tonlagen zum Himmel, dass einem eine Gänsehaut über den Rücken läuft und in der nächsten Sekunde ist es wieder mucksmäuschenstill und nur der Schnee prasselt leise auf das Zelt.
Am nächsten Morgen haben wir dann einen Ausflug mit den Schlittenhunden gemacht. Saskia auf dem Schlitten und Rudi am Lenker. Wir wussten nicht, wie anstrengend das Hundeschlittenfahren ist. Mit dem ganzen Körper muss der Schlitten in der Spur gehalten werden. Am Anfang war ich besorgt, dass die kleinen Hunde mich nicht ziehen konnten, am Ende der Strecke waren die Hunde gerade ein bisschen warm und Rudi am Ende. Der Schlitten mit Saskia drinnen ist übrigens (nur) zweimal in den Schnee gekippt ;-)
Auf dem Rückweg nach Tromsö haben wir unsere nächste Lektion über die Norweger gelernt. Sie sind die wahren Meister im Tunnelbau. Lang und mehrspurig können alle, aber wer hat sonst noch mehrere Kreisverkehre in einen Tunnel gebaut, die alle auch wirkliche Abzweigungen in andere Tunnel haben. Einige davon führen auch wieder zu neuen Kreisverkehren. Damit kommen für uns die Norweger jetzt vor den Schweizern beim Tunnelbau.

In Tromsö haben wir unsere erste Airbnb Erfahrung gemacht. Über das Internet kann man Übernachtungen in privaten Wohnungen buchen. So haben wir Trine kennengelernt. Nachdem wir durchgefroren, nass und dreckig bei ihr eingefallen waren hat sie uns die zwei Dinge angeboten, die uns beiden in der Situation am wichtigsten waren. Ein Mahlzeit und eine warme Dusche. Anschließend haben wir noch ein wenig die Innenstadt von tromsö mit den berühmten beheizten Bürgersteigen besichtigt. In Norwegen wird nur wenig bis gar nicht gestreut. Wer hinfällt ist selber Schuld und nicht die Person der das Haus gehört. Daher sind die Geschäft mit beheizten Bürgersteigen schnee- und eisfrei und die ohne haben eine 20 cm Schneedecke über dem Bürgersteig.

Unsere Bootstour zu den Walen am Donnerstag ist auf Grund von starkem Wind ausgefallen. Wir sind daher ins Polaria gegangen. Ein Museum über Nordland und Svalbard mit einem riesigen Aquarium. Eigentlich wollten wir nur eine Stunde bleiben, am Ende waren es drei Stunden. Wir sind dann noch auf den Hausberg von Tromsö mit der Seilbahn gefahren und haben uns dort vom Wind so richtig durchpusten lassen. Anschließend sind wir in ein kleines Restaurant gegangen, dass uns ursprünglich von zwei Einheimischen aufgrund des Kuchens einstimmig empfohlen wurde und haben den Abend dort verbracht. Was in Nordnorwegen am schwierigsten ist, ist sich an Tag und Nacht zu gewöhnen. Da die Nacht so früh hereinbricht, möchte man(n) am liebsten die ganze Zeit dösen…bis man feststellt, dass es erst drei Uhr am Nachmittag ist. Am Abend war ein Fußballspiel Tromsö gegen Tottenham. Der schönste Moment des Tages war wohl, als die Engländer eine wunderbare 20 m Schlange am Taxistand  gebildet haben. Die Norweger gehen 50 m nach vorne, greifen ein anfahrendes Taxi ab und werden von den Engländern dafür mit verachtenden Blicken bestraft. „Barbaren“.
Freitag sind wir dann mit dem Boot aufgebrochen. Und wir hatten riesiges Glück. Neben jeder Menge Buckelwale, die bei der Jagd aus dem Wasser gesprungen sind gab es dann auch noch eine Orca-Familie mit zwei Jungtieren. Mit den Fotos hat es dieses Mal schon wieder nicht geklappt, aber wir waren schon deutlich näher dran. Vermutlich müssen wir doch noch nach Kanada ;-)

Das Boot hat dann noch etwas überzogen und wir waren ziemlich spät zurück in Tromsö. Um 16:10 sollten wir am Flughafen sein, wir wollten den Bus um 15:20 nehmen. Der hatte sich etwas verspätet um dann ein paar Kilometer vor dem Flughafen auch noch von der eisglatten Straße abzukommen und in den Graben zu fahren.

Was man in Norwegen nie genug betonen kann, ist wie freundlich und hilfsbereit die Norweger sind. Sie geben wundervolle Gesprächspartner ab, wenn man sich Ihnen öffnet und ich habe es noch nie erlebt, dass ein voller Bus innerhalb von wenigen Minuten von Anhaltern mitgenommen wird. Die Frau die uns mitgenommen hat, meinte auch zu uns, dass es für die Norweger extrem peinlich wäre, wenn sie als unhöflich wahrgenommen werden.

Unser Flug hatte dann soviel Verspätung, dass wir beim Umsteigen in Oslo rennen mussten, da das Gate schon geschlossen war. Wir haben es geschafft, aber bei der Ankunft mussten wir dann leider feststellen, dass unsere Koffer beide nicht angekommen sind. Und  auf Grund des Umsteigens beim Bus lag die Tasche mit den Haustürschlüsseln in einem der Koffer. Also mussten wir warten bis unsere Vermieter von einem Konzert wiederkamen, um dann vor unserer Haustür eine Dame mit unserem Koffer zu sehen. Sie hatte unseren Koffer aus Versehen mitgenommen und wäre vor Scham fast im Boden versunken als sie uns das beichtete. Sie tat uns beiden so leid. Der zweite Koffer wurde dann am Samstag angeliefert, wir werden wohl nie erfahren, wohin er noch gereist ist.
Heute waren wir dann noch auf dem Lichterfest in Bergen. Tausende Norweger, die Fackeln tragen und dabei Weihnachtslieder singen und, wie sollte es in Bergen auch sonst sein, dabei im strömenden Regen stehen.
Die nächsten Tage werden wir jetzt erst Mal mit arbeiten, waschen und Erkältung auskurieren verbringen. Und danach? Tromsö wäre auf jeden Fall wieder eine Alternative, wir kommen bestimmt zurück!

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