Weitere ereignisreiche Wochen sind zu Ende und unser erster
Monat in Norwegen ist fast um. Es kommt uns vor, als versuchen dieses Land und
seine Einwohner wirklich alles damit wir uns in es verlieben. Und die
Bemühungen haben Erfolg.
Wir haben am Freitag (22. Nov.) die MS Lofoten, ein Schiff
der Hurtigruten, bestiegen und unseren Spontanurlaub begonnen. Gleich für den
ersten Abend haben wir das Weihnachtsbuffet gebucht, um typisch norwegisches
Weihnachtsessen kennen zu lernen. Es gab unter anderem Krustenbraten und
Labskaus, Rotkraut, Steckrüben und Erbsenpüree. Mahlzeiten, die auch im Norden
von Deutschland üblich sind und von denen meine Mutter mich vor über 20 Jahren
versuchte erfolglos zu überzeugen. Ich glaube wir haben unzählige Gefechte über
das essen/nicht essen von diesen Gerichten ausgetragen und jetzt zahle ich auch
noch dafür diese Delikatessen der norwegischen Küche zu genießen J Ich freue mich jetzt
schon auf die Reaktion zu Hause.
Entlang der Hurtigruten konnten wir zwar verschiedene Städte
wie Trondheim und Alesund besuchen, allerdings unsere Nummer eins auf der Route
ist sofort unsere Endstation Tromsö. Wir haben unsere paar Tage hier damit
angefangen, auf die Jagd nach Polarlichtern zu gehen. Dazu sind wir in ein Camp
gefahren, wo wir außerhalb der Saison die einzigen beiden Gäste waren. Das
heißt, wir lagen abends alleine im Schlittenhundecamp neben einem Lagerfeuer
auf einem Rentierfell und haben in den Sternenhimmel geschaut. Und während wir
in den Himmel schauen und die Sterne beobachten und über alles Mögliche
nachdenken, erscheinen tatsächlich einige schwache Polarlichter am Himmel.
Nicht so intensiv, wie man sie vielleicht von verschiedenen Fotos kennt, aber
doch so viel, dass wir uns sicher sind, dass dies nicht der letzte Ausflug in
den hohen Norden war.
Unsere Nacht haben wir in einem gemütlichen Sami-zelt im
Schlittenhundecamp verbracht. Was sich schwer in Worte fassen lässt ist die
unglaubliche Geräuschkulisse, die so ein Schlittenhundecamp begleitet. Mitten
in der Nacht fängt ein Hund an zu bellen oder jault und plötzlich steigen alle
dreihundert Kollegen ein und jaulen in allen nur erdenklichen Tonlagen zum
Himmel, dass einem eine Gänsehaut über den Rücken läuft und in der nächsten
Sekunde ist es wieder mucksmäuschenstill und nur der Schnee prasselt leise auf das
Zelt.
Am nächsten Morgen haben wir dann einen Ausflug mit den Schlittenhunden
gemacht. Saskia auf dem Schlitten und Rudi am Lenker. Wir wussten nicht, wie
anstrengend das Hundeschlittenfahren ist. Mit dem ganzen Körper muss der
Schlitten in der Spur gehalten werden. Am Anfang war ich besorgt, dass die
kleinen Hunde mich nicht ziehen konnten, am Ende der Strecke waren die Hunde
gerade ein bisschen warm und Rudi am Ende. Der Schlitten mit Saskia drinnen ist
übrigens (nur) zweimal in den Schnee gekippt ;-)
Auf dem Rückweg nach Tromsö haben wir unsere nächste Lektion
über die Norweger gelernt. Sie sind die wahren Meister im Tunnelbau. Lang und
mehrspurig können alle, aber wer hat sonst noch mehrere Kreisverkehre in einen
Tunnel gebaut, die alle auch wirkliche Abzweigungen in andere Tunnel haben.
Einige davon führen auch wieder zu neuen Kreisverkehren. Damit kommen für uns
die Norweger jetzt vor den Schweizern beim Tunnelbau.
In
Tromsö haben wir unsere erste Airbnb Erfahrung gemacht. Über das Internet kann
man Übernachtungen in privaten Wohnungen buchen. So haben wir Trine
kennengelernt. Nachdem wir durchgefroren, nass und dreckig bei ihr eingefallen
waren hat sie uns die zwei Dinge angeboten, die uns beiden in der Situation am
wichtigsten waren. Ein Mahlzeit und eine warme Dusche. Anschließend haben wir
noch ein wenig die Innenstadt von tromsö mit den berühmten beheizten
Bürgersteigen besichtigt. In Norwegen wird nur wenig bis gar nicht gestreut.
Wer hinfällt ist selber Schuld und nicht die Person der das Haus gehört. Daher
sind die Geschäft mit beheizten Bürgersteigen schnee- und eisfrei und die ohne
haben eine 20 cm Schneedecke über dem Bürgersteig.
Unsere
Bootstour zu den Walen am Donnerstag ist auf Grund von starkem Wind
ausgefallen. Wir sind daher ins Polaria gegangen. Ein Museum über Nordland und
Svalbard mit einem riesigen Aquarium. Eigentlich wollten wir nur eine Stunde
bleiben, am Ende waren es drei Stunden. Wir sind dann noch auf den Hausberg von
Tromsö mit der Seilbahn gefahren und haben uns dort vom Wind so richtig
durchpusten lassen. Anschließend sind wir in ein kleines Restaurant gegangen,
dass uns ursprünglich von zwei Einheimischen aufgrund des Kuchens einstimmig
empfohlen wurde und haben den Abend dort verbracht. Was in Nordnorwegen am
schwierigsten ist, ist sich an Tag und Nacht zu gewöhnen. Da die Nacht so früh
hereinbricht, möchte man(n) am liebsten die ganze Zeit dösen…bis man
feststellt, dass es erst drei Uhr am Nachmittag ist. Am Abend war ein
Fußballspiel Tromsö gegen Tottenham. Der schönste Moment des Tages war wohl,
als die Engländer eine wunderbare 20 m Schlange am Taxistand gebildet haben. Die Norweger gehen 50 m nach
vorne, greifen ein anfahrendes Taxi ab und werden von den Engländern dafür mit
verachtenden Blicken bestraft. „Barbaren“.
Freitag
sind wir dann mit dem Boot aufgebrochen. Und wir hatten riesiges Glück. Neben
jeder Menge Buckelwale, die bei der Jagd aus dem Wasser gesprungen sind gab es
dann auch noch eine Orca-Familie mit zwei Jungtieren. Mit den Fotos hat es
dieses Mal schon wieder nicht geklappt, aber wir waren schon deutlich näher
dran. Vermutlich müssen wir doch noch nach Kanada ;-)Das Boot hat dann noch etwas überzogen und wir waren ziemlich spät zurück in Tromsö. Um 16:10 sollten wir am Flughafen sein, wir wollten den Bus um 15:20 nehmen. Der hatte sich etwas verspätet um dann ein paar Kilometer vor dem Flughafen auch noch von der eisglatten Straße abzukommen und in den Graben zu fahren.
Was man
in Norwegen nie genug betonen kann, ist wie freundlich und hilfsbereit die
Norweger sind. Sie geben wundervolle Gesprächspartner ab, wenn man sich Ihnen
öffnet und ich habe es noch nie erlebt, dass ein voller Bus innerhalb von
wenigen Minuten von Anhaltern mitgenommen wird. Die Frau die uns mitgenommen
hat, meinte auch zu uns, dass es für die Norweger extrem peinlich wäre, wenn
sie als unhöflich wahrgenommen werden.
Unser
Flug hatte dann soviel Verspätung, dass wir beim Umsteigen in Oslo rennen
mussten, da das Gate schon geschlossen war. Wir haben es geschafft, aber bei
der Ankunft mussten wir dann leider feststellen, dass unsere Koffer beide nicht
angekommen sind. Und auf Grund des
Umsteigens beim Bus lag die Tasche mit den Haustürschlüsseln in einem der
Koffer. Also mussten wir warten bis unsere Vermieter von einem Konzert wiederkamen,
um dann vor unserer Haustür eine Dame mit unserem Koffer zu sehen. Sie hatte
unseren Koffer aus Versehen mitgenommen und wäre vor Scham fast im Boden
versunken als sie uns das beichtete. Sie tat uns beiden so leid. Der zweite
Koffer wurde dann am Samstag angeliefert, wir werden wohl nie erfahren, wohin
er noch gereist ist.
Heute
waren wir dann noch auf dem Lichterfest in Bergen. Tausende Norweger, die
Fackeln tragen und dabei Weihnachtslieder singen und, wie sollte es in Bergen
auch sonst sein, dabei im strömenden Regen stehen.
Die
nächsten Tage werden wir jetzt erst Mal mit arbeiten, waschen und Erkältung
auskurieren verbringen. Und danach? Tromsö wäre auf jeden Fall wieder eine
Alternative, wir kommen bestimmt zurück!
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